Die ersten vier Monate mitleben, mitbeten, mitarbeiten

Hallo ihr Lieben!

 

Es ist jetzt schon etwas her seit meinem letzten Blogeintrag, aber seitdem ist auch eine Menge passiert! In Guilleme habe ich mich mittlerweile richtig gut eingelebt und bin sehr glücklich, hier sein zu dürfen! Auch an meinen neuen Tagesablauf habe ich mich gut angepasst und komme immer besser mit meinem Leben hier in Malawi zurecht.

 

Es ist kurz vor Weihnachten und somit ist meine erste Unterrichtszeit schon vorbei. Ich bin überrascht, wie schnell die Zeit vergangen ist. Momentan schreiben die Mädchen ihre „Term one end exams“ und ich habe die Aufgabe, die ganzen Exams abzutippen, auszudrucken und zu korrigieren. Bis zu diesen Exams, die Anfang Dezember anfingen, habe ich meine sechste Klasse unterrichtet. Ich hatte in den letzten Wochen nur noch eine Klasse, da sechs Studentinnen zu uns an die Schule gekommen sind und hier ihr Praxisjahr als angehende Lehrerinnen absolvieren. Eine von ihnen hat in dem Zuge die andere sechste Klasse in Expressive Arts übernommen.

Das Gestell des "local bathing shelters"
Das Gestell des "local bathing shelters"

Neben anderen Themen in meinem Lehrplan habe ich auch mit meiner Klasse einen „local bathing shelter“ (eine lokale Duschkabine) und einen „sun table“ gebaut. Letzterer wird dafür benutzt, um nasse Küchengeräte in der Sonne zu trocknen. Auch hier haben mir die Schülerinnen wieder mehr beigebracht als ich ihnen, so wie es schon oft vorkam. Wir durften einen Bambusstamm von dem Gelände der Boys Primary School nehmen und haben ihn in Streifen gehackt. Weitere Materialien, die die Mädchen mitgebracht hatten, waren dicke Baumstämme, hohes Gras und Gummistreifen zum Befestigen.

Der fertige "local bathing shelter"
Der fertige "local bathing shelter"
Ein paar Mädchen mit mir um den "sun table" herum
Ein paar Mädchen mit mir um den "sun table" herum

Weiterhin wird an der Guilleme Girls Primary School jeden Monat ein Test geschrieben. Daher war ich alle vier Wochen damit beschäftigt, die Tests zu korrigieren. Bei über 100 Schülerinnen dauert das einige Zeit.

 

Zum Ausgleich für die Schule und die „Study time“, in der die Mädchen auch außerhalb des geregelten Unterrichts selbstständig lernen müssen, haben wir schon zweimal eine Party gefeiert und einen Filme-Nachmittag veranstaltet. Zu den Partys wird die „Dining Hall“ (der Essensraum mit Tischen und Stühlen) leergeräumt, Boxen und eine Anlage aufgestellt und ein „DJ“, meistens ein Lehrer, spielt Musik ab. Alle tanzen dann und manchmal gibt es auch für jeden eine Fanta oder eine Sprite. Auf der letzten Party haben die verschiedenen Klassen ein Drama, ein Theaterstück und Tänze aufgeführt. Diese Party endete allerdings damit, dass in der Musikanlage etwas durchgebrannt ist.

 

Auch die Technik am Fernseher ist nicht einwandfrei. Wir haben mit den Mädchen den Film „High School Musical“ geschaut und mussten feststellen, dass wir entweder nur die Hintergrundmusik oder den Hauptsprecher zu hören bekamen. Den Kindern war das allerdings völlig egal. Sie waren glücklich, einen Film schauen zu können, da dies auf dem Boarding nicht oft geschieht.

Der Filmenachmittag
Der Filmenachmittag
Eine der Partys in der Dining Hall
Eine der Partys in der Dining Hall

Neben der Schule wurde im Oktober auch an jedem Tag der Rosenkranz gebetet, da es der Monat der Maria ist. Dazu haben sich gegen halb vier alle zusammengefunden und jedes Mädchen hat seinen eigenen Rosenkranz mitgebracht. Meistens kamen dazu noch zwei bis drei Schwestern auf das Boardinggelände und haben mit uns und den Mädchen zusammen gebetet. Es hat ein wenig Zeit gedauert, bis ich es geschafft habe, den Rosenkranz auf Chichewa zu beten, aber nach einigen Tagen war dies kein Problem mehr für mich, auch weil einige Mädchen uns die Gebete auf Chichewa aufgeschrieben haben.

 

Meine Ansprechpartnerin bei den Schwestern ist im Oktober für zwei Wochen nach Deutschland gereist. Ich war sehr aufgeregt, da Malawi und Deutschland sehr unterschiedlich sind, und war gespannt auf ihre Erlebnisse und Eindrücke. Sie besuchte Deutschland zum ersten Mal und ich hatte Sorgen, wie das Leben hier auf dem Boarding weitergehen sollte, wenn sie nicht da ist. Aber die Mädchen haben von selbst viel Initiative gezeigt und sich ans Lernen und Putzten gemacht, obwohl keine Schwester sie dazu aufgefordert hatte.

 

Als sie wieder zurück in Malawi war, hat sie viel von ihren Erfahrungen erzählt:

        „In Deutschland macht die Zeit den Menschen. In Malawi machen wir die Zeit.“

        „In Deutschland muss alles nach Plan laufen und pünktlich sein.“

        „Es sind sehr wenige junge Menschen in der Kirche.“

        „Ohne Geld geht nichts.“

        „Man grüßt sich nicht. Alle sind mit ihrem Handy beschäftigt.“

        „Viel zu kalt! Auch mit drei Paar Socken war es noch zu kalt und selbst das Gesicht hat gefroren.“

        „Soooo viele Treppen…“

 

Und für alle von euch, die den BärenTreff kennen: Die Schwester hat am nächsten Tag in der Schule dann auch eine Tüte vom BärenTreff als Mitbringsel unter den Lehrern verteilt. Da musste ich erst einmal lachen, aber die Gummibärchen haben meinen Kolleginnen und Kollegen so sehr geschmeckt, dass sich eine sogar einen Vorrat mit nach Hause genommen haben.

Da momentan, wie schon erwähnt, alle Lehrer am Korrigieren der Exams sind, wird in den Prüfungstagen eine Tradition fortgeführt. Jeweils drei Lehrerinnen sind vormittags zum Kochen eingeteilt und das gesamte Lehrerkollegium isst dann gemeinsam zu Mittag. Es gibt natürlich wie immer Nsima (Maisbrei – Hauptnahrungsmittel in Malawi) mit meistens Repu (ein grünes Blattgemüse) und Fleisch oder Kohl, Tomaten und Eier. Dies ist – so habe ich es mittlerweile kennengelernt – eine typisch malawische Mahlzeit. Auch ich war an einem der Tage mit zwei Kolleginnen eingeteilt und habe mich mit einer von ihnen darüber unterhalten, warum es normal ist, dass hier nur Frauen kochen. Sie hat mir erklärt, dass dies die malawische Kultur ist und auch sie es unfair findet, dass beim Kochen die Geschlechterrollen so festgelegt sind.

 

Ich fand die Erfahrung, mit malawischen Frauen zusammen für eine größere Gruppe Essen vorzubereiten, sehr interessant, da der Topf für den Nsima sehr groß ist und die Frauen wirklich Kraft brauchen, um den Nsima zu kochen und „umzurühren“. Auch ich habe mein Bestes gegeben, aber konnte bei weitem nicht so viel Kraft aufbringen wie meine Kolleginnen. Ich find es schön, mit den anderen Lehrpersonen zusammen zu essen, gerade weil die Stimmung immer sehr gut ist und ich mich in ihrer Gesellschaft sehr wohl fühle.


Es gab letztens eine Versammlung des Schulrats, des Lehrpersonals, einiger Schülerinnen und der Eltern der Kinder aus den umliegenden Dörfern. Es wurde über eine Verbesserung des Schulalltages gesprochen, z.B. dass alle Kinder eine Schuluniform benötigen und eigene Hefte und Stifte haben sollten. Außerdem wurde angemerkt, dass es wichtig ist, dass die Kinder frühstücken, bevor sie in die Schule kommen, dass sie pünktlich sind und dass alle Eltern das Geld für die Prüfungen zahlen müssen. Außerdem haben sich sich einzelne Gruppen zusammengefunden und über bestimmte Probleme, die ihnen wichtig waren, gesprochen. Diese stellten sie dann den anderen Gruppen vor. Probleme der Lehrer sind, dass nicht alle Schülerinnen eigene Materialien und nicht alle eine Uniform besitzen. Auf der Seite der Eltern gibt es das finanzielle Problem und die Schülerinnen haben erklärt, dass sie mehr Tische und Bänke brauchen, da viele Kinder auf den Bänken sehr gequetscht oder zum Teil auf dem Boden sitzen, weil alle Bänke besetzt sind.

Die Versammlung mit Lehrern, Schülern, Eltern und dem Schulrat
Die Versammlung mit Lehrern, Schülern, Eltern und dem Schulrat
Eine Schülerin der 7. Klasse beim Vorstellen der Probleme
Eine Schülerin der 7. Klasse beim Vorstellen der Probleme

Besonders beeindruckt hat mich hier eine Hochzeit. Das gesamte Lehrerkollegium war eingeladen, da der Schulleiter der Boys Primary School in Guilleme geheiratet hat. Da zur selben Zeit aber auch eine Beerdigung stattfand, sind einige Lehrer von der Girls Primary School auf die Beerdigung und andere – darunter ich – auf die Hochzeit gegangen. Dort hatte ich großen Spaß, denn es wurde viel getanzt und es lief die ganze Zeit Musik. Es gab einen Moderator, der die verschiedenen eingeladenen Gruppen nach vorne rief, damit sie ihre Geschenke „übertanzen“. Dies ist auf einer malawischen Hochzeit typisch, habe ich mir erklären lassen. Auch wir, die Lehrer der Guilleme Girls Primary School, mussten nach vorne tanzen und die Geschenke übergeben. Danach tanzten alle noch weiter und warfen Geld für das Brautpaar in einen Korb.

 

Am Donnerstag, den 21. Dezember 2017, wurde der erste Term geschlossen und die Mädchen auf dem Boarding gingen alle nach Hause, um mit ihren Familien Weihnachten und Silvester zu feiern. In meinem nächsten Blogeintrag, der im neuen Jahr kommen wird, werde ich über mein Weihnachten hier in Guilleme, meinen ersten Urlaub im Norden von Malawi und Silvester berichten.

 

Mitte November war auch der erste Zwischenbericht für meine Endsendeorganisation, die Franziskanerinnen in Salzkotten, fällig. Darin habe ich noch einige persönliche Erfahrungen und Eindrücke geschildert. Wer diesen haben möchte, kann mir gerne unter Kontakt schreiben. Ich werde den Zwischenbericht dann per E-Mail zusenden.

 

Bis dahin wünsche ich euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr 2018!

 

Eure Tabitha