Hello Guilleme!

Hallo an alle und liebe Grüße aus dem kleinen Dörfchen Guilleme!

 

Am 1. September ging es für mich in mein Projekt, die Guilleme Girls Boarding Primary School. Meine Projektpartnerin und ich wurden von einigen Schwestern von dem Orden der Sisters of Charity of Ottawa, von denen wir betreut werden, abgeholt. Ich war sehr gespannt, endlich mein neues Zuhause kennenzulernen. Wir leben in einem eigenen Haus direkt auf dem Internatsgelände mit drei Schlafzimmern, einem Essensraum, einem Innenhof, einer Küche, einer Toilette, einer Dusche und einer Waschstelle. Die Schlafsäle der Mädchen sind direkt vor unserer Haustür.

Unser Haus
Unser Haus
Direkt vor unserem Haus: links die Küche und rechts die Schlafräume der Mädchen
Direkt vor unserem Haus: links die Küche und rechts die Schlafräume der Mädchen

In den ersten Tagen, hier in Guilleme haben wir uns das Dorf angeschaut, sind über den Markt gegangen, haben uns eingerichtet und eingelebt. Am Sonntag war das 50. Jubiläum des Priesters von Guilleme, auf dem wir mit den Schwestern eingeladen waren. Es wurde viel getanzt und ich fand es schön, einige Lehrer von der Girls Primary School wiederzusehen, die uns ebenfalls am Flughafen abgeholt hatten. Da die Schule bald losging und die Mädchen in ein paar Tagen eintreffen würden, wurde das gesamte Gelände vorbereitet. Ich habe dabei geholfen, Namensschilder an die Betten der Mädchen anzubringen und Türen zu streichen. Es wurde auch viel geputzt, weswegen es einige Tage kein fließendes Wasser gab, und die Lehrer und ich mussten uns auf den Unterricht vorbereiten.

Die Klassenräume der Klassen 1-4
Die Klassenräume der Klassen 1-4

Als die Mädchen eintrafen, habe ich mich sehr gefreut. Es kam Leben auf das Boardinggelände und ich meine eigentliche Aufgabe konnte endlich beginnen. Am ersten Tag mussten sich alle anmelden, es wurden das Taschengeld gezahlt und Schuluniformen herausgegeben. Die Schule fing dann am Dienstag, den 19. September, an. Das Schulsystem ist dasselbe wie das britische, da Malawi eine britische Kolonie war. In der Primary School gibt es also die Klassen eins bis acht. Die Klassen eins bis vier werden hier auf der am meisten gesprochenen Landessprache Chichewa unterrichtet. Die Klassen fünf bis acht auf Englisch. Jedoch reden viele Lehrer immer wieder auf Chichewa mit den Kindern, da viele nicht so gutes Englisch sprechen. In der ersten Woche sollte ich mir den Unterricht der anderen Lehrer anschauen und war froh, nicht sofort unterrichten zu müssen.

Gegenüber die Räume der Klasse 5-8
Gegenüber die Räume der Klasse 5-8

Ab dem 25. September durfte ich dann selbst diese Aufgabe übernehmen. Ich unterrichte zwei sechste Klassen mit je 80-90 Schülern pro Klasse in dem Fach "expressive arts", welches eine Mischung aus Kunst, Musik, Sport und Tanzen ist. Mein erstes Thema war traditionelle Tänze. Da haben die Mädchen mir mehr beigebracht als ich ihnen. Für mich war es eine echt tolle Erfahrung. Die Mädchen haben sofort angefangen zu singen und zu klatschen und schon konnten alle mittanzen. Ich finde es im Moment merkwürdig, auf der „anderen Seite“ der Schulklasse zu stehen. Vor ein paar Monaten war ich selbst noch Schülerin und jetzt bin ich die Lehrerin. Doch es macht mir Spaß, mit den Kindern Zeit zu verbringen, vor allem da ich meinen Unterricht gestalten kann wie ich möchte und es sich bei den vorgegebenen Themen häufig anbietet, mit den Mädchen nach draußen zu gehen und nicht im Klassenraum sitzen zu müssen. Weitere meiner Aufgaben sind hier, den Lehrern zu helfen. Ich musste schon öfter etwas zeichnen oder
Stundenpläne abtippen.

Das Büro des Schulleiters und das Lehrerzimmer
Das Büro des Schulleiters und das Lehrerzimmer
Links einige Büros und der Durchgang zur Schule, rechts die Küche und dahinter der Essensraum
Links einige Büros und der Durchgang zur Schule, rechts die Küche und dahinter der Essensraum

Auf dem Boarding sind auch Mädchen, die von weiter her kommen, aber nur in der fünften bis zur achten Klasse. Meine Aufgabe ist es vor allem, für die Mädchen da zu sein. Sie kommen zu mir, wenn sie sich nicht gut fühlen, Spiele ausleihen wollen, mir Chichewa beibringen möchten oder einfach nur „chatten“ wollen. Jeden Abend gehe ich durch die Schlafräume und sage den Mädchen „Gonani bwino“ und „Mugone bwino“ („Gute Nacht“ und „Schlaf gut“). Bei 360 Mädchen kann das dann durchaus eine Stunde dauern, aber meiner Meinung nach lohnt es sich.

4 Schlafräume der Klassen 5-7, jeweils 2 vorne und 2 hinten
4 Schlafräume der Klassen 5-7, jeweils 2 vorne und 2 hinten
Die Waschstellen der Mädchen
Die Waschstellen der Mädchen

Kabaza fahren
Kabaza fahren

Da wir für größere Einkäufe immer in die nächste Stadt Mchinji oder Kamwendo fahren müssen und uns die Schwestern nicht immer in einem Auto mitnehmen können, bin ich zum ersten Mal mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren. Mit einem Kabaza, ein Fahrradtaxi, auf dem man einfach auf dem Gepäckträger sitzt und gefahren wird, komme ich zur nächsten geteerten Straße. Von da aus gibt es Minibusse, die vergleichbar sind mit einem Bulli und die in die nächsten Städte fahren. Es ist durchaus ein Erlebnis, mit einem Kabaza und einem Minibus zu fahren. Ich habe mich gefragt, ob der Kabazafahrer überhaupt das Gleichgewicht halten kann, wenn jemand mit mehreren Taschen auf seinem Gepäckträger sitzt und er dann noch über eine steinige Sandstraße fahren muss, aber bisher ist immer alles gut gegangen. In die Minibusse passen, wenn man nach der Anzahl der Sitze geht, 14 Leute plus den Fahrer. Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass auch mehr als 20 Leute, dazu Koffer (nicht unbedingt in den kleinen Kofferraum), Fische und lebendige Hühner in einen Minibus passen. In der Hauptstadt Lilongwe gibt es noch die Tacataca. Die sind vergleichbar mit Rikschas, nur dass der Fahrer ein Mofa fährt.

 

An einem der letzten Samstage waren meine Projektpartnerin und ich auf einer Beerdigung. Ich war interessiert daran zu sehen, wie Beerdigungen in Malawi stattfinden. Als wir in dem Dorf ankamen, sind wir zu allererst zu dem Haus der Familie des Verstorbenen gegangen und haben ein wenig mit ihnen zusammen gesessen. Die Frauen haben geweint und ihr Leid ausgerufen. Es sind eine Menge Leute zusammengekommen und - wie mir erklärt wurde - bringt jeder sein eigenes Essen zum Mittag mit und kocht auf dem Feuer in dem Dorf des Verstorbenen jeweils für sich selber. Wir saßen auf dem Boden und haben mit den Händen gegessen. Anschließend gingen alle gemeinsam, jedoch Frauen und Männer getrennt, zum Grab des Verstorbenen, wo dieser beerdigt wurde. Auch dort saßen alle auf dem Boden. Danach haben wir der Familie etwas Geld gegeben und somit unser Beileid ausgesprochen.

Vor ein paar Tagen haben wir uns alle in Lilongwe getroffen und sind für ein Wochenende geblieben. Wir haben im Mabuya Camp übernachtet, welches mir sehr gut gefallen hat. Ich finde es jedoch schade, dass ich dort nicht viel von der malawischen Kultur, wie ich sie in Guilleme und Ludzi kennengelernt habe, erleben kann. Wir haben uns die Stadt angeschaut und waren auf einem Chitenjen-Markt. Außerdem waren wir in einem großen Supermarkt, um unsere Vorräte aufzufüllen. Ich war erschlagen davon, wie viel Auswahl dieser Supermarkt hatte. Man findet dort alles, was man in den kleineren Läden in Mchinji oder Kamwendo nicht findet.

Wir Freiwillige auf dem Weg zur Residenz des deutschen Botschafters
Wir Freiwillige auf dem Weg zur Residenz des deutschen Botschafters

Am 3. Oktober waren wir MaZ’ler beim deutschen Botschafter eingeladen. Anlass war der Tag der Deutschen Einheit. Es war eine große Feier, auf der ich zum ersten Mal, seit ich in Malawi bin, wieder etwas „deutsche Luft" schnuppern konnte. Ich habe viele Leute kennengelernt und fand es schön, die Geschichten anderer zu hören, z. B. wie es sie nach Malawi verschlagen hat. Darunter waren andere Freiwillige und Reisende sowie Menschen, die sich in Malawi eine Familie aufgebaut haben. Auch solche, die Projekte in Malawi betreiben wie z.B. Brillen für einen Euro herstellen, die dann an Kinder gespendet werden, waren eingeladen oder Mitglieder einer Stiftung, die jungen Leuten eine Ausbildung zum Bäcker in Malawi anbietet, wo sie dann deutsches Brot backen. Sie möchten ihr Wissen weitervermitteln und zeigen, dass es Alternativen zu dem hier typischen Toastbrot gibt.

 

Weiterhin habe ich einen Malawier kennengelernt, der mit einem Deutschen zusammen ein Café aufgebaut hat. Sein Ziel ist es, Getränke allen Menschen zugänglich machen zu können und so ein Gemeinschaftsgefühl für Menschen aus aller Welt herstellen zu können. Zum Essen gab es deutsche Küche, u.A. Currywurst, Schnitzel, Rotkohl, Sauerkraut und Käsekuchen. Obwohl ich den Abend sehr genossen habe und es schön fand, deutsches Essen genießen zu können, andere weiße Menschen zu sehen und mich mit ihnen zu unterhalten, habe ich mich doch auch wieder darauf gefreut, in mein Projekt nach Guilleme zurückzukommen, wo ich mich eingelebt und fast schon ein „neues Leben“ angefangen habe.

Vielen Dank für euere lieben Rückmeldungen! Es freut mich immer zu hören, dass ihr meinen Aufenthalt in Malawi mitverfolgt und interessiert an meiner Arbeit und meinem Leben hier seid. Schreibt mir bitte weiter fleißig und bis zum nächsten Mal!

 

Eure Tabitha

P.S.: Hier ist Guilleme. Es ist so klein, dass man das Dorf bei Google Maps nicht einmal finden kann. Man muss wissen, wo es ist...